Framed Infinity ist ein digitales Kunstwerk, dessen Idee auf einem Gedankenexperiment beruht und dessen Herzstück ein Algorithmus ist. Dieser Algorithmus berechnet im Sekundentakt alle möglichen Bilder, die mit einer Auflösung von 480x640 und zehn Graustufen darstellbar sind. Das Gedankenexperiment sowie eine vollständige Erklärung in Dialogform finden sich weiter unten auf dieser Seite.
Die Idee zu diesem Algorithmus stammt von mir.
So würde das Bild heute aussehen, wenn seit dem Urknall vor 13,8 Milliarden Jahren jede Sekunde ein Bild berechnet worden wäre. Wenn du auf die linke obere Ecke zoomst, kannst du sehen wie die Pixel ihre Graustufe verändern.
Wie lange würde es dauern, bis das rechteste graue Pixel in der obersten Pixelreihe, eine Graustufe dunkler würde?
Die Antwort ist: Ca. 2,05 Milliarden Jahre.
Warum? Weil dieses Pixel für die Vier steht in 435.196.800.000.000.000 Sekunden, die seit dem Urknall vor 13,8 Milliarden Jahren vergangen sind.
(Dies ergibt sich aus: 13.800.000.000 Jahren × 365 Tage × 24 Stunden × 60 Minuten × 60 Sekunden.)
Die Frage ist also: Wie viele Sekunden müsste man zu dieser Zahl hinzufügen, damit aus der vordersten Vier eine Fünf wird und somit die Graustufe 4 zu Graustufe 5 wechselt?
Die Antwort ist: 64.803.200.000.000.000 Sekunden.
Das sind ca. 2,05 Milliarden Jahre.
(Dies ergibt sich aus 64.803.200.000.000.000 Sekunden / 60 Sekunden / 60 Minuten / 24 Stunden / 365 Tage)
Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie Bilder mit und ohne Text bei einer Auflösung von 480x640 und zehn Graustufen aussehen, klicke auf die beiden Beispiele und lies dir das Gedankenexperiment durch.
Warum ich mich für diese Auflösung und zehn Graustufen entschieden habe, lest ihr weiter unten im "Dialog".
Ich erinnerte mich an ein Gespräch mit Mai-Lin. Ich war besessen von meinen Gedanken und zu vertieft, um am normalen Leben teilzunehmen. Mai-Lin verschmolz in meinen Erinnerungen immer wieder mit Alicks Mutter. Das verstörte mich. Sie hatte für mich gekocht. Erst als sie neben mir stand und mich fragte, ob es mir gut ginge, begriff ich echoartig, dass sie zuvor schon mehrmals gerufen hatte. Ich hatte es überhört. Gefangen in meinen Gedanken.
Als wir beim Essen saßen, fragte ich:
„Sag mal, glaubst du, die Anzahl an unterschiedlichen Fotos, die ich mit einer Digitalkamera aufnehmen kann, ist endlich?“
„Keine Ahnung. Wieso?“
„Okay, stell dir vor, eine Digitalkamera hätte statt acht Megapixeln nur ein einziges Pixel, und stell dir vor, dieses eine Pixel könnte nur zehn verschiedene Graustufen annehmen.“
„Dann könnte man nur zehn verschiedene Fotos aufnehmen mit dieser Kamera.“
„Genau. Und das wäre begrenzt, oder?“
„Ja klar.“
„Bei einem Pixel mit zehn Graustufen wäre das also zehn hoch eins richtig?“
„Ja, aber was spielt das für eine Rolle?“ Sie sah mich verständnislos an.
„Wirst du gleich sehen.“
„Also, diese zehn verschiedenen Fotos, die mit dieser Kamera möglich wären, könnte ich doch alle systematisch berechnen. Oder?“
„Logisch. Du müsstest ja nur bei Weiß anfangen und dann der Reihe nach die zehn Graustufen durchgehen, bis du bei Schwarz bist.“
„Genau. Wenn die Kamera jetzt Fotos mit zwei Pixeln aufnehmen könnte, die jeweils auch nur zehn Graustufen annehmen könnten. Dann …“
„Dann könntest du 100 verschiedene Fotos damit aufnehmen“, unterbrach sie mich. Das gefiel mir.
„Ja, und das wäre dann zehn hoch zwei.“
„Ich sehe, worauf du hinauswillst“, warf sie ein. „Die Anzahl der Farben ist also immer die Basis und die Anzahl der Pixel ist der Exponent.“
„Exakt. Wenn ich also eine Kamera hätte mit einer Auflösung von … Was war früher noch mal die ganz miese Auflösung bei den ersten Digitalkameras?“
„Meinst du VGA?“
„Ja genau“, sagte ich. Mir war es entfallen. Es war schon zu lange her.
„Warte.“ Mai-Lin zückte ihr Handy und tippte Anzahl Pixel VGA in die Suche ein.
„640 x 480 Pixel. Warte!“ Sie tippte es in die Rechner-App. Dann sagte sie: „Das wären dann 307.200 Pixel.“ Sie blickte von ihrem Handy auf.
„Okay, und wenn die Kamera nur Schwarz-Weiß-Fotos mit zehn Graustufen könnte?“
„Dann wäre das also zehn hoch 307.200. Eine Eins mit 307.200 Nullen hinten dran“, sagte sie.
„Das ist megaviel, oder?“
„Ja, weißt du noch, was Frau Cato mal im Physikunterricht gesagt hat?“ Mai-Lin tippte Anzahl Atome im Universum in die Suche ein. Der erste Treffer zeigte, dass Wissenschaftler heutzutage die Anzahl aller Atome im gesamten Universum auf zwischen zehn hoch 84 und zehn hoch 89 schätzen. Also eine Eins mit maximal 89 Nullen dran.
„Dann wäre es also möglich, mit dieser Kamera mit der ollen Auflösung und nur zehn Graustufen viel mehr verschiedene Fotos aufzunehmen, als es Atome im Universum gibt?“
„Genau. Und zwar viel, viel mehr. Gar nicht auszudenken, wie viele verschiedene Fotos möglich wären mit einer Kamera mit acht Megapixeln und sechzehn Millionen möglichen Farben pro Pixel, was heutzutage üblich ist.“
„Und trotzdem wären es nur endlich viele und demnach müsste man sie auch alle der Reihe nach automatisch generieren können.“
„Jup. Einfach bei einem weißen Bild anfangen und bei einem schwarzen aufhören und dazwischen alle verschiedenen Fotos generieren, die mit dieser Kamera möglich wären.“
„Weißt du, was krass ist?“, fragte ich.
„Nee.“
„Man könnte die Fotos gar nicht alle speichern.“
„Warum?“
„Na ja, weil ein Foto aus mehr als nur einem Atom besteht und es mehr Fotos gäbe, als Atome im Universum vorhanden sind.“
„Klar. Ergibt Sinn.“ Wir schwiegen eine Weile und sie ließ den Blick durchs Zimmer schweifen. „Aber weißt du, was auch krass ist?“, brach sie die Stille.
„Nee.“
„Stell dir mal irgendetwas Absurdes vor, zum Beispiel ein rosa Känguru, dass auf einem Plattenspieler Salsa tanzt.“
„Egal was?“
„Ja, egal was.“
„Okay. Alick in dünn.“
„Du bist gemein.“ Wir lachten.
„Nee, mal im Ernst. Entweder das, was du dir vorstellst, existiert und man könnte es fotografieren oder es existiert nicht. Dann könnte es aber jemand malen und man könnte das Gemalte dann fotografieren. Und wenn man es fotografieren könnte, wäre es also eines der möglichen Fotos und das wiederum bedeutet, dass es irgendwann automatisch berechnet würde, wenn man alle Fotos der Reihe nach automatisch erzeugte.“
Ich überlegte eine Weile. „Das trifft dann auch auf alles zu, was ich sagen könnte.“
„Wie meinst du das?“
„Na ja, nimm folgenden Satz: ›Ich bin ein Gagolot, der Tausend Gold wert ist.‹“
„Und was mach ich damit?“ Sie zwinkerte mir zu.
„Na, diesen Satz könnte ich aufschreiben und ihn somit auch fotografieren.“
„Stimmt. Das heißt also auch, dass alles, was aufgeschrieben werden kann, irgendwann automatisch berechnet würde?“
„Genau, Goethes Faust würde einfach irgendwann automatisch berechnet.“
„Ja, und zwar nicht nur einmal“, entfuhr es ihr.
„Wie meinst du das?“
„Wenn du eine Methode findest, die alle verschiedenen Fotos automatisch generiert, dann würde Goethes Faust irgendwann einmal in Helvetica Schriftgröße zwölf, aber auch irgendwann einmal in Schriftgröße 14 und dann aber auch in allen anderen Schriftarten, Schriftgrößen und sogar in allen Sprachen generiert werden.“
„Krass, du hast recht. Fuck, das ist echt mindblowing.“
„Aber das heißt doch auch im Umkehrschluss, dass alles, was wir uns visuell vorstellen können, und alles, was wir sagen können, irgendwie begrenzt sein muss?“
„Hä? Warum?“
Dann fiel mir wieder ein, was ich vorhin auf der weiß lackierten Metalltafel neben der Projektionsfläche gelesen hatte:
Gedankenexperiment
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